Recht - Auto & Verkehr Informationsbrief Nr. 21

In der täglichen Werkstatt-Praxis kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten mit Kunden wegen der Durchführung angeblich nicht in Auftrag gegebener Arbeiten und Durchführung unnötiger Arbeiten (Fehlersuche). Nachfolgend möchten wir Ihnen deshalb einige Erläuterungen zu der juristischen Dimension dieser Problematik geben.

Gibt ein Kunde das Fahrzeug zur Reparatur in eine Werkstatt, so richten sich die Rechte und Pflichten des Kunden und auch der Werkstatt entweder nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 631 ff. BGB) oder nach den Kfz-Reparaturbedingungen, je nachdem, ob diese Bedingungen Bestandteil des Reparaturvertrages geworden sind oder nicht.

Die Kfz-Reparaturbedingungen werden nur dann Bestandteil des Reparaturvertrages, wenn der Wortlaut mit dem Auftragsschein zusammen überreicht wird. Ein bloßer Aushang der Bedingungen im Geschäftslokal kann allerdings ausreichen, wenn der Unternehmer auf diese hinweist und der Kunde die Möglichkeit hat, sie zu Kenntnis zu nehmen. Grundsätzlich muss sich der Kunde mit der Einbeziehung einverstanden erklären. Reparaturbedingungen können auf Rechnungen oder Lieferscheinen, die dem Vertragsabschluss nachfolgen, nicht wirksam in den Vertrag einbezogen werden.

Oft kommt es vor, dass von der Werkstatt Arbeiten durchgeführt werden, die vom Kunden konkret gar nicht in Auftrag gegeben wurden. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Kunde diese Arbeiten bezahlen muss oder nicht.

Zunächst ist festzustellen, dass eine mündliche Auftragserteilung zwar möglich ist und auch zu einer rechtlichen Bindung führt. Aus Beweisgründen ist jedoch eine schriftliche Auftragserteilung zu empfehlen. Dem Kunden ist dann eine Durchschrift des Auftragsscheines auszuhändigen!

Um späteren Streitigkeiten über den Auftragsumfang vorzubeugen, sollten Werkstatt und Kunde darauf hinwirken, dass die durchzuführenden Arbeiten möglichst genau angegeben und umschrieben werden. Abzuraten ist von der Erteilung eines Pauschalauftrages wie zum Beispiel „TÜV-Fertigmachen“ oder „alle notwendigen Arbeiten durchführen“. Der Streit über den Inhalt und den Umfang eines solchen Auftrages ist vorprogrammiert.

Steht fest, dass durchgeführte Arbeiten tatsächlich nicht in Auftrag gegeben wurden, kann der Kunde den Ausbau der nicht in Auftrag gegebenen Teile und den Einbau der alten Teile verlangen. Ist eine solche Beseitigung oder Wegnahme nicht möglich (z. B. Lackierungsarbeiten), dann kommt es für die Frage, ob der Kunde für die durchgeführten Arbeiten zahlen muss, darauf an, ob die Arbeiten für ihn tatsächlich von Nutzen sind. Handelt es sich um schwerwiegende Sicherheitsmängel, die behoben wurden, ist grundsätzlich von einem derartigen Nutzen auszugehen. In diesem Fall muss der Kunde also zahlen!

Etwas anderes gilt dann, wenn die Kosten für diese Reparatur in keinem angemessenen Verhältnis mehr zum Fahrzeugwert stehen. Hier kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kunde mit der Durchführung der Reparatur einverstanden gewesen wäre, wenn er vorher die Kosten gekannt hätte. Hier greift dann auch eine „Fürsorgepflicht der Werkstatt“ den Kunden über derartige Dinge rechtzeitig zu informieren.

Regelmäßig besteht also kein Vergütungsanspruch der Werkstatt für nicht in Auftrag gegebene Arbeiten, da nicht unterstellt werden darf, dass derartige Reparaturen grundsätzlich immer im Interesse des Kunden liegen. In keinem Fall dürfen dem Kunden die Lohnkosten in Rechnung gestellt werden, wenn die Arbeiten nicht in seinem Interesse lagen. Es kommt dann allenfalls ein anteiliger Erstattungsanspruch der Werkstatt bezüglich der Materialkosten in Betracht.

Ein weiterer Streitpunkt ist oft, dass Kunden geltend machen, dass bestimmte durchgeführte Arbeiten nicht nötig waren bzw. nicht zum gewünschten Erfolgt geführt haben.

In diesen Fällen gehen die Kunden regelmäßig davon aus, dass diese Arbeiten nicht bezahlt werden müssen.

Hier gilt jedoch, dass ein Vergütungsanspruch der Werkstatt auch für nicht zum Erfolg führende Arbeiten besteht, solange diese nach den anerkannten Regeln der Kraftfahrzeugtechnik zur Eingrenzung der Schadensursache notwendig waren. Insoweit gilt auch heute noch ein Grundsatzurteil des OLG Köln (DAR 1977, 156/157).

Das OLG Köln hat ausgeführt, dass der Kunde den Werklohn auch für diejenigen Überprüfungsarbeiten schuldet, die zur Erforschung des Defektes erforderlich waren, auch wenn sie zunächst nicht zu seiner Entdeckung führen.

Zwar sei der Unternehmer nach § 242 BGB verpflichtet, keine überflüssigen Kosten zu produzieren. Er müsse die Fehlersuche nach dem Stand des Handwerks betreiben, also zunächst die wahrscheinlichste Ursache A ausschalten und dann zu den nächstwahrscheinlichen Fehlerherden B, C usw. fortschreiten. Arbeitszeit und Materialkosten für die Ausschaltung der (mutmaßlichen) Ursachen A und B muss der Kunde aber auch dann bezahlen, wenn erst C sich als tatsächliche Fehlerquelle entpuppt. Diese vom OLG Köln im Rahmen der Auslegung des Vertrages vorgenommene Konkretisierung des Leistungsprogramms bei der Reparatur entspricht mittlerweile einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtssprechung und Fachliteratur. Gesprochen wird in diesem Zusammenhang von einer „Reparatur mit verdeckter Fehlerursache“.

Beauftragt der Kunde die Werkstatt sowohl zur Fehlersuche als auch zur Beseitigung des Mangels, so handelt es sich juristisch betrachtet eigentlich um zwei Verträge, nämlich einen „Fehlersuch-Vertrag“ und um einen „Fehlerbeseitigungs-Vertrag“. Oft und bekanntermaßen gestaltet sich die Fehlersuche schwieriger als die eigentliche Fehlerbeseitigung.

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