Recht - Auto & Verkehr Informationsbrief Nr. 60

Werkstattrecht

Sehr geehrte Damen und Herren,

trotz gesetzlicher Regelungen sind die Rechte des Werkstattkunden in der Praxis oft schwer durchsetzbar, weil die Beweislage kompliziert ist und die Arbeiten nur schwer und kostenintensiv überprüfbar sind. Nicht selten verweigert die Werkstatt Nachbesserungsarbeiten, sodass der Kunde vor der Wahl steht, seine Rechte gerichtlich durchzusetzen oder die Arbeiten aus eigener Tasche zu bezahlen.

Rechtsstreitigkeiten rund um die Autoreparatur sind nach wie vor leider an der Tagesordnung.

Die nachfolgende Rechtsprechungs-Übersicht zum "Werkstattrecht" soll helfen, Rechtsstreitigkeiten zwischen Werkstatt und Kunden nach Möglichkeit zu vermeiden.

1. Aufklärungs- und Beratungspflichten:

LG Ingolstadt in 4 O 1723/01:
Wird an einem Kraftfahrzeug ein Reifenwechsel vorgenommen, ist der Kunde unaufgefordert darauf hinzuweisen, dass nach einer Laufzeit von 50 bis 100 km die Radschrauben nachgezogen werden müssen.

2. Einbau einer Autogasanlage:

a) LG Stendal in 23 O 437/07:
Baut eine Werkstatt eine Autogasanlage ein, so ist sie verpflichtet, darauf aufmerksam zu machen, dass in regelmäßigen Abständen nach 10.000 bis 15.000 km eine Wartung des Motors erforderlich ist. Bei fehlendem Hinweis auf die regelmäßigen Motorenkontrollen nach dem Einbau einer Autogasanlage liegt eine Pflichtverletzung der Werkstatt vor.

b) OLG Hamm in 17 U 119/09:
Die Pflichtverletzung der Beklagten liegt darin, dass sie in den Pkw der Klägerin eine Gasanlage eingebaut hat, obwohl die im Motor des Pkw der Klägerin verbauten Ventilsitzringe und Ventile für die mit einem Gasbetrieb verbundenen Beanspruchungen nicht ausgelegt sind und der Motor daher seitens des Herstellers für den Gasbetrieb auch nicht freigegeben ist.

3. Hinweis auf Wartungsintervalle:

a) OLG Schleswig in 4 U 171/09:
Zu den Pflichten einer Kfz-Werkstatt im Rahmen einer Inspektion gehört es, auf solche Maßnahmen hinzuweisen, deren Notwendigkeit unmittelbar bevorsteht. Als unmittelbar bevorstehend sind solche Arbeiten anzusehen, die in einem Zeitraum von weniger als drei Monaten oder innerhalb einer Laufleistung von 5.000 Kilometern anfallen.

b) AG Brandenburg in 31 C 59/06:
Der Kunde einer Kfz-Vertragswerkstatt darf erwarten, dass er auf fällige oder unmittelbar bevorstehende Wartungsarbeiten (hier: Ersatz des Zahnriemens) hingewiesen wird. Eine Kfz-Vertragswerkstatt muss einen Kunden auf ein vom Fahrzeughersteller empfohlenes Auswechseln von Fahrzeugteilen aber noch nicht hinweisen, wenn das vom Hersteller empfohlene Wartungsintervall zum Zeitpunkt der Reparatur des Fahrzeugs noch nicht abgelaufen ist und auch nicht innerhalb der nächsten drei Monate abläuft. Eine Werkstatt hat sich grundsätzlich darauf zu beschränken, die konkret in Auftrag gegebenen Arbeiten auszuführen. Nur bei ganz unbestimmten Reparaturaufträgen hat sie alle konkret möglichen Ursachen für den Mangel zu überprüfen.

4. Nicht in Auftrag gegebene Arbeiten:

OLG Köln in 2 U 25/76:
Eine Werkstatt hat sich grundsätzlich darauf zu beschränken, die in Auftrag gegebenen Arbeiten auszuführen. Ist der Reparaturauftrag jedoch ganz unbestimmt gehalten ("Motorengeräusche feststellen"), weil die Mangelursache nicht genau bekannt ist, sondern erst ermittelt werden soll, dann handelt die Werkstatt noch im Rahmen des Auftrages, wenn sie entsprechend den anerkannten Regeln des Kraftfahrzeughandwerks alle möglichen Mangelursachen überprüft und sie solange ausscheidet, bis der wirkliche Defekt gefunden ist. Der Kunde schuldet dann auch die Vergütung für diejenigen Überprüfungsarbeiten, die nötig waren, um durch selektives Vorgehen die wirkliche Mangelursache zu bestimmen.

5. Mangelhafte Reparaturarbeiten:

a) LG Berlin in 84 S 126/13:
Kommt es nach einer Reparatur am Fahrzeug an einem anderen Bauteil zu einem Defekt, ist der Kunde in der Pflicht, einen Zusammenhang zwischen Reparaturtätigkeit des ausführenden Kfz-Betriebs und dem neuerlichen Schaden zu beweisen.
Eine Beweiserleichterung kommt nur dann in Frage, wenn ein Zusammenhang zwischen der Reparatur und dem nachfolgenden Schaden bereits häufiger dokumentiert wäre.

b) OLG Saarbrücken in 4 U 411/03:
Zeigt sich drei Monate nach einer Reparatur und einer zwischenzeitlichen Laufleistung von 6.000 km an einem Pkw ein Lagerschaden, so besteht kein Anscheinsbeweis für eine unsachgemäße Ausführung der Reparatur, insbesondere für das unterlassene oder nicht ausreichende Befüllen mit Öl.

c) OLG München in 7 U 3028/07:
Die beklagte Werkstatt bestätigte im Inspektionsheft des Kunden eine Serviceleistung als durchgeführt, ohne diese tatsächlich durchgeführt zu haben. Aufgrund dessen wurde im Rahmen der nächsten Inspektion - trotz Erreichen des Wechselintervalls - ein Zahnriemenwechsel nicht vorgenommen. Dies führte zu einem Motorschaden.
Das OLG München bejaht in diesem Zusammenhang eine Nebenpflichtverletzung und sprach dem Kläger Schadenersatz zu.

6. Pfandrecht / Zurückbehaltungsrecht:

a) OLG Karlsruhe in 9 U 168/11:
Der Pkw-Eigentümer kann vom Inhaber einer Kfz-Werkstatt Herausgabe seines Fahrzeuges gemäß § 985 BGB verlangen. Wenn ein Dritter - und nicht der Eigentümer des Fahrzeuges - den Reparaturauftrag im eigenen Namen erteilt hat, steht dem Inhaber der Kfz-Werkstatt gegenüber dem Eigentümer kein Unternehmerpfandrecht zu.
Wegen des Werklohns muss sich der Unternehmer an seinen Auftraggeber halten. Diesen Anspruch kann der Unternehmer dem vom Auftraggeber verschiedenen Eigentümer auch nicht im Wege eines Zurückbehaltungsrechts entgegensetzen.

b) OLG Hamm in 21 U 165/03:
Bei der Reparatur eines Leasingfahrzeugs erwirbt der Unternehmer zur Sicherung seiner Werklohnforderung in der Regel kein Werkunternehmerpfandrecht. Bis zur Bezahlung seiner Werklohnforderung kann er aber dem werkvertraglich begründeten Herausgabeanspruch des Auftraggebers (und Leasingnehmers) ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten.

Die vorstehend zitierten Gerichtsentscheidungen sind, soweit kein anderer Hinweis erfolgt, rechtskräftig.

Sollten Sie dazu weitere Informationen wünschen, stehen wir insoweit gerne zu Ihrer Verfügung.

Mit der Weitergabe dieses Informationsbriefes an Ihre Kunden erklären wir uns ausdrücklich einverstanden.

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Dr. Schulte • Gerken
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