Recht - Auto & Verkehr Informationsbrief Nr. 47

1. Haftung Mangel / Verschleiß
Rechtsprechung

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Verkäufer dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Liegt ein Mangel vor, haften Sie dem Käufer nach den Regeln der §§ 437 ff. BGB. Dies ist im Gesetz im Detail geregelt.

Abzugrenzen ist der Sachmangel vom Verschleiß, für den Sie als Unternehmer in der Regel nicht haften. Was ist "Verschleiß"? Im Gesetz findet sich keine Definition und viele Gerichtsentscheidungen setzen diesen Begriff als selbstverständlich voraus.
In der DIN 50320 ist definiert:

"Verschleiß ist der fortschreitende Materialverlust aus der Oberfläche eines festen Körpers, hervorgerufen durch mechanische Ursachen, d. h. Kontakt und Relativbewegung eines festen, flüssigen oder gasförmigen Gegenkörpers."

Die Rechtsprechung hat daraus folgende - unstreitige - Grundsätze abgeleitet:

"Beim Gebrauchtwagenkauf ist die Frage nach der Grenze der normalen Beschaffenheit und der normalen Zweckeignung nach den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls zu beantworten.
Dabei ist davon auszugehen, dass aufgrund des Gebrauchs und des Alterungsprozesses Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen unvermeidlich sind. Gehen diese Erscheinungen nicht über das hinaus, was bei einem Fahrzeug des betreffenden Typs angesichts seines Alters und seiner Laufleistung normalerweise zu beobachten ist, so kann von einem Mangel im Sinne des Gesetzes nicht gesprochen werden. Normale Verschleiß-, Abnutzungs- und Alterungserscheinungen sind somit von vornherein aus dem Mangelbegriff auszuklammern. Dies gilt unabhängig davon, welchen Einfluss solche Umstände auf die Funktionsfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs haben. Defekte, welche die Funktionsfähigkeit beeinträchtigen, sind nicht notwendigerweise auch Mängel im Sinne des Gesetzes."

Die gängige OLG-Rechtsprechung hat daraus einen "Vier-Punkte-Katalog" wie folgt abgeleitet:

  1. Schäden an Verschleißteilen können zwar unter die Sachmängelhaftung fallen. Für normalen (natürlichen) Verschleiß hat der Verkäufer mangels gegenteiliger Vereinbarung jedoch nicht einzustehen, gleichviel, welche Auswirkungen der Defekt hat.
  2. Ausgenommen von der Mängelhaftung ist nicht nur normaler Verschleiß, der im Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe bereits vorhanden war. Auch nach der Übergabe fortschreitender Normalverschleiß begründet in der Regel keine vertragswidrige Beschaffenheit.
  3. Der Verkäufer haftet auch nicht für einen Defekt, der nach Übergabe infolge normalen Verschleißes eintritt, sei es am Verschleißteil selbst (z.B. Zahnriemen), sei es an einem anderen Teil, das selbst kein Verschleißteil ist.
  4. In Betracht kommt eine Haftung des Verkäufers jedoch dann, wenn normaler Verschleiß einen Defekt verursacht, den der Verkäufer bei eigenüblicher Sorgfalt, insbesondere durch Wartung und Inspektion, hätte verhindern können (z.B. Nichtauswechseln eines Ersatzteils trotz zwingender Herstellervorgabe).


Zur Konkretisierung dieser Rechtsprechung dürfen wir Sie auf die bekannte ADAC-Liste zur Abgrenzung von Mangel / Verschleiß hinweisen. Der ADAC hat diese Liste für das Jahr 2012 aktualisiert. Sie finden diese Liste im Internet unter www.adac.de.

In der nachfolgenden Rechtsprechungs-Übersicht dürfen wir Sie auf folgende für die Praxis interessante und beachtenswerte Entscheidungen hinweisen:

1.     Urteil des AG Mönchengladbach vom 02.01.2012 (VRR 8/2012, Seite 305):

Ist an dem beschädigten Fahrzeug bereits ein erheblicher Schaden vorhanden, der für sich gesehen einen Austausch der Fahrzeugteile rechtfertigt, tritt bei einer weitergehenden Beschädigung keine wirtschaftliche Schadensvertiefung ein.

2.     Nugel in VRR 8/2012, Seite 306:

Hat der Geschädigte einen offenbarungspflichtigen Vorschaden gegenüber dem eigenen Gutachter verschwiegen und dadurch letztendlich die entscheidende Ursache für die Untauglichkeit des selbst vorgelegten Gutachtens als Regulierungsgrundlage gesetzt, sind auch die Sachverständigenkosten nicht zu ersetzen. Wenn gar kein erstattungsfähiger Fahrzeugschaden feststeht, ist dementsprechend konsequent, auch ein Nutzungsausfall nicht zu ersetzen.

3.     Urteil des OLG München vom 26.10.2011 (DAR 4/2012, Seite IV):

Ein Neuwagen ist mit einem Sachmangel behaftet, der zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt, wenn der Startvorgang in unregelmäßigen Abständen nicht sofort nach einmaligem Umdrehen des Zündschlüssels gelingt.

4.     Urteil des OLG Hamm vom 09.06.2011 (DAR 4/2012, Seite IV):

Eine erhöhte Kohlendioxidemission ist neben erhöhtem Kraftstoffverbrauch kein gesonderter Fahrzeugmangel.
Ein Kraftstoff-Mehrverbrauch von 8,45 % stellt zwar einen Fahrzeugmangel dar, berechtigt jedoch mangels Erheblichkeit nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag über ein Neufahrzeug.

5.     Urteil des AG Germersheim vom 08.03.2012 (Verkehrsrecht-Aktuell 6/2012, Seite 94):

Grundsätzlich ist Benzin oder Diesel im Tank des zum Restwert zu verkaufenden Unfallfahrzeugs für den Geschädigten verloren. Kann er Angaben zur im Fahrzeug verbliebenen Menge machen, wird der Schaden geschätzt, und der gegnerische Haftpflichtversicherer muss dafür aufkommen.

6.     Urteil des BGH vom 07.02.2012 (VI ZR 249/11):

Im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers hat dieser dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten nur im Umfang der Haftungsquote zu erstatten.

7.     Urteil des BGH vom 15.11.2011 (NZV 5/2012, Seite 219):

Weichen die durchgeführten selbst vorgenommenen Reparaturarbeiten an einem Unfallwagen von den Vorgaben des Sachverständigengutachtens ab, so ist ein Anspruch auf Ersatz der über den Wiederbeschaffungswert hinaus gehenden Reparaturkosten zu verneinen.

8.     Urteil des OLG Düsseldorf vom 24.05.2011 (NZV 2/2012, Seite 83):

Der Geschädigte hat auch dann Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten, wenn er verletzungsbedingt zwar nicht selbst ein Fahrzeug nutzen kann, seine Ehefrau aber sein Fahrzeug mit genutzt hat und auf eine weitere Nutzung angewiesen ist.


Die vorgenannten Entscheidungen aus unserem Rechtsprechungs-Report sind rechtskräftig.

Sollten Sie dazu weitere Informationen wünschen, stehen wir insoweit gerne zu Ihrer Verfügung.

Mit der Weitergabe dieses Informationsbriefes an Ihre Kunden erklären wir uns ausdrücklich einverstanden.

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