Recht - Auto & Verkehr Informationsbrief Nr. 36

Totalschaden / Umsatzsteuer
ADAC-Liste Mangel / Verschleiß

I.

Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt bei der Beschädigung einer Sache der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer bekanntlich nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Während die Neuregelung des § 249 BGB bei Reparaturfällen in der Regel keine Schwierigkeiten bereitet, ergeben sich bei der fiktiven Abrechnung des wirtschaftlichen Totalschadens Probleme.
Es stellt sich die Frage, in welcher Höhe ein Umsatzsteueranteil im Wiederbeschaffungswert enthalten ist.
Insoweit kommen drei Möglichkeiten in Betracht:

  1. Wiederbeschaffungswert mit Regelsteueranteil (19%)
  2. Wiederbeschaffungswert mit Differenzumsatzsteueranteil von 2,4 % (ab 01.01.2007)
  3. Wiederbeschaffungswert ohne Umsatzsteueranteil


Ausgangspunkt müssen die Feststellungen des Sachverständigen sein. Er muss aufgrund seiner Fachkenntnis beurteilen können, ob vergleichbare Fahrzeuge regelbesteuert oder differenzbesteuert gehandelt werden oder ob sie im gewerblichen Fahrzeughandel gar nicht mehr angeboten werden.

Eine solche Angabe ist vom Gutachter zu fordern. Enthält das Gutachten des Sachverständigen insoweit keine eindeutige Aussage, ist der Sachverständige zur Nachbesserung seines - fehlerhaften - Gutachtens aufzufordern.

In der Rechtsprechung und einschlägigen Fachliteratur sind die nachfolgenden Beurteilungskriterien herausgearbeitet worden:

Nutzfahrzeuge, gewerblich genutzte Sonderfahrzeuge (z. B. Taxen), Pkw des Luxussegments, unter Umständen auch Fahrzeuge der Golf TDI-Klasse werden auf dem Markt überwiegend regelbesteuert erworben. Von dem brutto angegebenen Wiederbeschaffungswert sind in diesen Fällen daher 19 % abzuziehen.

Alle anderen Kraftfahrzeuge werden zu 75 % differenzbesteuert gehandelt. Im Wiederbeschaffungswert ist daher üblicherweise etwa 2,4 % Umsatzsteuer enthalten. Bei fiktiver Schadensberechnung sind daher entsprechend 2,4 % Umsatzsteueranteil vom Bruttoschätzwert abzuziehen.

Neben der Beurteilung durch den Sachverständigen gibt auch die "Schwacke-Liste Regel- und Differenzbesteuerung" Hilfestellung für die Ermittlung der auf dem Händlermarkt üblicherweise für einen Fahrzeugtyp bestimmten Alters verwendeten Steuerart.

Besonders problematisch ist die Umsatzsteuerfrage bei älteren Fahrzeugen. Kommt wegen des Alters des zerstörten Fahrzeuges nur eine Ersatzbeschaffung durch Kauf bei einem privaten Anbieter in Betracht, entfällt ein Umsatzsteuerabzug. Dies gilt nach der Rechtsprechung in jedem Fall für Kraftfahrzeuge, die älter als zehn Jahre sind.
Das Oberlandesgericht Köln (NJW 2004, Seite 1465) geht sogar davon aus, dass Gebrauchtfahrzeuge mit einem Alter von über sechs Jahren auf dem seriösen gewerblichen Gebrauchtwagenmarkt nahezu überhaupt nicht mehr angeboten werden, sondern nur noch von Privat erworben werden können, so dass nach Auffassung des OLG Köln bereits bei einem beschädigten Fahrzeug mit einem Fahrzeugalter von über sechs Jahren davon auszugehen ist, dass der Wiederbeschaffungswert keine Umsatzsteuer mehr enthält.
Dieser Auffassung des OLG Köln wird so sicherlich nicht uneingeschränkt zugestimmt werden können.
Bei Fahrzeugen im Alter von fünf bis neun Jahren ist über den Sachverständigen und mit Hilfe der Schwacke-Liste zu klären, ob der Erwerb vom Privateigentümer oder einem Händler der typische Ablauf ist. Dies hat unlängst auch noch das OLG Rostock in DAR 11/2005, Seite 632 entschieden:

"Ob ein Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt regelbesteuert, differenzbesteuert oder mehrwertsteuerfrei angeboten wird, ist nicht an eine bestimmte Altersgrenze gebunden, sondern muss im Einzelfall entschieden werden (§ 287 ZPO)."

Insbesondere im Bereich der älteren Fahrzeuge sollte die Sach- und Rechtslage immer besonders gewissenhaft geprüft werden. Die Regulierungspraxis zeigt, dass auch Sachverständige oft vorschnell noch von einer Differenzbesteuerung ausgehen. Hier ist eine kritische Würdigung und Prüfung geboten!

II.

Einer der häufigsten Streitpunkte im Autokaufrecht ist bekanntlich die Frage, ob ein innerhalb der Sachmängelhaftungsfrist aufgetretener Fehler eine normale Verschleißerscheinung ist, wie sie dem Alter des Fahrzeugs entspricht oder ob ein Fehler vorliegt, der bei einem Fahrzeug in diesem Alter und mit dieser Laufleistung noch nicht auftreten dürfte.
Regelmäßig muss bei Gebrauchtwagen mit zunehmendem Alter auch mit zunehmenden Verschleißerscheinungen gerechnet werden. Ob die Verschleißerscheinungen als Sachmangel zu bewerten sind, hängt davon ab, ob eine normale Abnutzung und Alterung unter Berücksichtigung von Laufleistung und Baujahr des Fahrzeugs vorliegt oder ob der bemängelte Tatbestand im Vergleich zu einem Durchschnittsfahrzeug unüblich ist und von einem durchschnittlichen Käufer nicht erwartet werden kann. Ein Fehler liegt nicht vor, wenn ein Defekt auftritt, der auf einem natürlichen, normal fortschreitenden Verschleiß beruht und der mit Rücksicht auf das Alter, die Fahrleistung und den Erhaltungszustand des Fahrzeuges zum Zeitpunkt des Verkaufs zu erwarten war. Dies entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung seit OLG Bamberg in DAR 2001, 357.
Der Verkäufer ist auch nicht verpflichtet, den Käufer auf natürliche Verschleißerscheinungen hinzuweisen, da deren Eintritt selbstverständlich ist (OLG Bamberg a.a.O.).

Um der Praxis eine Hilfestellung zu geben, hat der ADAC die "ADAC-Liste zur Abgrenzung Mangel ./. Verschleiß" veröffentlicht. Sicherlich müssen alle Besonderheiten im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, die ADAC-Liste bietet jedoch einschlägige Rechtsprechungs-Hinweise, die zur Lösung im Einzelfall beitragen können.

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Dr. Schulte • Gerken
Rechtsanwälte & Notare
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