Recht - Auto & Verkehr Informationsbrief Nr. 28
Nach § 434 BGB ist der Kaufgegenstand bekanntlich frei von Sachmängeln, wenn er bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat.
Der Sachmangelbegriff wird im reformierten Schuldrecht neu formuliert. Er baut auf den bisher von der Rechtssprechung entwickelten subjektiv-objektiven Fehlerbegriff auf und erweitert ihn. Er wird negativ dahin definiert, dass die Kaufsache frei von Sachmängeln ist, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Der Begriff Beschaffenheit wurde vom Gesetzgeber nicht definiert. Er umfasst zunächst die Eigenschaften, die der Kaufsache unmittelbar physisch anhaften, also alle ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarungen zu Qualität und Leistung. Darüber hinaus umfasst der Begriff auch tatsächliche, wirtschaftliche und rechtliche Bezüge der Kaufsache zur Umwelt, soweit sie ihren Grund im tatsächlichen Zustand der Sache selbst haben, ihr auf eine gewisse Dauer anhaften und die Beziehungen nach der Verkehrsanschauung einen Einfluss auf die Wertschätzung der Kaufsache auszuüben pflegen. Diese Definition entspricht ständiger Rechtsprechung aller Gerichte.
In diesem Zusammenhang ist immer wieder problematisch, wie reparierte Vorschäden in Kaufvertragesvereinbarungen rechtlich einzustufen sind.
In einem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall 1 U 206/04 hatte eine Verbraucherin bei einem Kfz-Händler einen gebrauchten Pkw erworben. In dem Bestellschein hieß es in der Zeile Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer:
„Einparkbeule hinten rechts behoben.“
Die Rubrik „Dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt“, wurde mit „Nein“ angekreuzt.
Nach Übernahme des Fahrzeuges wurde die Klägerin durch einen befreundeten Kfz-Meister darauf aufmerksam gemacht, dass das Fahrzeug nicht nur hinten rechts wegen einer „Einparkbeule“ repariert worden war, sondern dass eine umfangreiche Neulackierung stattgefunden hatte. Unstreitig hatte der Beklagte Kfz-Händler einer Autolackiererei zuvor den Auftrag erteilt, beide Wagenseiten, die hintere Stoßstange und andere Fahrzeugteile zu lackieren.
Das Landgericht hatte den von der Klägerin begehrten Rücktritt vom Vertrag noch als unbegründet zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab indes der Verbraucherin Recht. So hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in dem Urteil ausgeführt:
„Das Fahrzeug war im Zeitpunkt des Gefahrübergangs (Übergabe) mangelhaft. Denn es entsprach nicht der vereinbarten Beschaffenheit. Eine Beschaffenheitsvereinbarung haben die Parteien dadurch getroffen, dass man in der Bestellschein-Rubrik „Zahl und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ festgehalten hat: „Einparkbeule hinten rechts behoben“. Dadurch hat der Beklagte zum Einen zum Ausdruck gebracht, dass hinten rechts eine „Einparkbeule“ vorhanden war, die jedoch inzwischen behoben worden sei, zum Anderen konnte und durfte die Verbraucherin die besagte Notiz in der verbindlichen Bestellung dahin verstehen, dass das Fahrzeug im Übrigen frei von Unfallschäden ist.
Unter der Geltung des früheren Kaufrechts hat die Rechtsprechung in ähnlichen Erklärungen von Gebrauchtwagenverkäufern vielfach sogar die stillschweigende Zusicherung der „Unfallfreiheit im Übrigen“ gesehen.“
Im Informationsbrief Nr. 27 haben wir auf die aktuelle Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes hingewiesen, wonach normaler Verschleiß keinen Sachmangel im Sinne des Gesetzes begründet.
Mehrere Instanzgerichte führen diese Rechtssprechung des BGH weiter aus:
- Ein „leichtes Geräusch“ im Bereich der Hinterachse, das nur bei konzentriertem Hinhören wahrzunehmen ist, begründet bei einem acht Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von ca. 92200 Kilometer keinen Sachmangel, sondern ist Ausdruck normalen Verschleißes (Urteil LG Kleve in 5 S 34/05).
- Kurz nachdem der Käufer eines 20 Jahr alten Golfs diesen zum Preis von 750,00 € übernommen hatte, stellte er einen „hohen Ölverlust“ fest. Das Gericht sah hierin jedoch keinen Sachmangel, sondern stufte den Ölverlust als normalen Verschleiß ein (Urteil LG Hannover in 12 S 107/05).
- Abgefahrene Bremsbeläge, eingelaufene Bremsscheiben, unterschiedliche Bremswirkung, Spiel in der Lenkung, eingerissene Lenkmanschette, Ölverlust am Motor, Spiel im Spurstangenkopf, eingeschränkt funktionierende Stoßdämpfer und eine vibrierende Tachonadel sind nicht automatisch Mängel im Sinne des Kaufrechtes bei einem 10 Jahre alten Fiat Punto mit einer Laufleistung von 120000 Kilometer, den ein Händler zum Preis von 2950,00 € verkauft hatte (Urteil LG Kassel in 1 S 2/05).
Zum Unfallersatztarif hat der Bundesgerichtshof am 28.06.2006 (XII ZR 50/04) ein wichtiges Urteil verkündet:
„Ein Autovermieter, der einem Unfallgeschädigten ein Fahrzeug zu einem Tarif anbietet, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlichen Markt liegt, muss den Interessenten auf die Gefahr hinweisen, dass die Haftpflichtversicherung deshalb eventuell nicht den vollen Tarif erstatten wird.“
Zum Umfang dieser Aufklärungspflicht hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Autovermieter den Mieter weder auf günstigere eigene Angebote noch auf solche der Konkurrenz aufmerksam machen müsse. Es genüge der deutliche und unmissverständliche Hinweis darauf, dass wegen der Höhe des angebotenen Tarifs die Möglichkeit bestehe, dass die Versicherung den Betrag nicht voll übernimmt.
Im entschiedenen Fall bejahte der BGH wegen der unterbliebenen Aufklärung einen Schadenersatzanspruch des beklagten Mieters aus Verschulden bei Vertragesabschluss (§ 311 Abs. 2 Satz 1 BGB) in Höhe der vom Autovermieter geltend gemachten Klageforderung. Mit diesem Schadenersatzanspruch habe der Beklagte (Mieter) auch wirksam aufgerechnet, so dass der Anspruch der Klägerin (Autovermieter) auf den restlichen Mietzins weggefallen sei.