Recht - Auto & Verkehr Informationsbrief Nr. 14

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat sich in einer nun veröffentlichten Entscheidung mit dem Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung befasst.

Ein Arbeitnehmer hatte sich bei einem Verkehrsunfall (angeblich) Verletzungen zugezogen. Er legte seinem Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor und verlangte Lohnfortzahlung, die ihm auch gewährt wurde. Der Arbeitgeber verlangte die geleistete Lohnfortzahlung als Schadenersatz von der Haftpflicht.

Das Landesarbeitsgericht Köln befasst sich in einer Entscheidung mit der Möglichkeit einer fristlosen Kündigung wegen „angedrohter Arbeitsunfähigkeit“. Das Bundesarbeitsgericht äußert sich zu der Problematik, ob das Waschen und Umkleiden als Arbeitszeit zu werten ist und zum Kündigungsschutz im Kleinbetrieb.

Dass das Einwerfen eines Kfz-Schlüssel in den Briefkasten einer Autowerkstatt grobe Fahrlässigkeit sein kann, meinte das Oberlandesgericht Köln. Mit einem „Scheibenwischer-schaden“ in einer Autowaschanlage befasst sich die nachfolgende Entscheidung des Landgerichts Essen.

Das Oberlandesgericht Köln vertritt schließlich die Auffassung, dass das Telefonieren mit einem Mobiltelefon während der Fahrt ohne Freisprecheinrichtung grob fahrlässig ist.


Die Leitsätze der Entscheidungen lauten wie folgt:

I.      Urteil des OLG Oldenburg vom 27.03.2001 (DAR 2001, Seite 313):

Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung allein bringt nicht den Beweis dafür, dass dem Arbeitgeber aufgrund eines Verkehrsunfalls, bei dem sein Arbeitnehmer beteiligt wurde, ein Schaden entstanden ist, weil der Arbeitgeber Lohnfortzahlung nur bei objektiver Arbeitsunfähigkeit und nicht allein aufgrund einer ärztlichen Krankschreibung schuldet.

II.     Urteil des LAG Köln vom 14.09.2000 (MDR 2001, Seite 398):

Die nachhaltige Ankündigung einer ohne zwingende Notwendigkeit erst herbeizuführenden Arbeitsunfähigkeit berechtigt den damit vermeintlich „abgestraften“ Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

III.    Urteil des BAG vom 11.10.2000 (MDR 2001, Seite 396):

  1. Waschen und Umkleiden sind i. d. R., sofern nichts anderes vereinbart ist, keine Hauptleistungspflichten des Arbeitnehmers, für die der Arbeitgeber nach § 611 BGB eine Vergütung zu gewähren hätte.
  2. Werden diese Tätigkeiten vom Arbeitnehmer verlangt, kann es sich zwar um Dienstleistungen nach § 612 Abs. 1 BGB handeln, diese sind regelmäßig aber nicht nur gegen eine Vergütung zu erwarten.

IV.    Urteil des BAG vom 21.02.2001 (NJW 2001, Seite VIII):

Soweit im Fall der Kündigung unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist, hat auch der Arbeitgeber im Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, ein durch Art. 12 GG gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu wahren (BVerfGe 97, 169 = NZA 1998, 470 = NJW 1998, 1475). Eine Kündigung, die dieser Anforderung nicht entspricht, verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) und ist deshalb unwirksam.

V.     Urteil des OLG Köln vom 31.10.2000 (DAR 2001, Seite 312):

Grob fahrlässig wird eine Kfz-Entwendung herbeigeführt, wenn ein Kraftwagen auf ungesichertem, frei befahrbarem Gelände eines Autohauses im Industriegebiet abgestellt und der dazugehörige Autoschlüssel in einen in unmittelbarer Nähe befindlichen Außenbriefkasten der Werkstatt, der erkennbar gegen den Zugriff Dritter unzureichend gesichert ist, eingeworfen wird. Eine andere Beurteilung ergibt sich, wenn ein Briefkasten vorhanden ist, der in der Eingangstür oder Hauswand angebracht ist, bei dem ein Herausnehmen, - mit Hilfsmitteln – Herausangeln des Inhalts und Aufbrechen nahezu unmöglich ist.

VI.    Urteil des LG Essen vom 24.01.2001 (NJW-RR 2001, Seite 912):

Bleibt der Scheibenwischer zu Beginn oder während des Waschvorgangs in der Autowaschanlage infolge Ausschalten des Motors außerhalb der Ruhestellung stehen und kommt es deshalb zu Schäden am Kfz, so haftet der Waschanlagenbetreiber hierfür nicht, weil er auf solche atypischen Umstände nicht hinweisen muss; dies gilt auch wenn der Waschvorgang mittels Dampfstrahler beginnt und sich der Fahrzeugführer zur weiteren Einfahrt in die Waschstraße mittels Wischerbedienung freie Sicht verschaffen muss.

VII.   Urteil des OLG Köln vom 19.09.2000 (PVR 2001, Seite 186):

Verliert ein Versicherungsnehmer während einer Autobahnfahrt im Zusammenhang mit dem Versuch, mit einem Handy ohne Freisprecheinrichtung zu telefonieren, die Gewalt über seinen Wagen, so hat er einen darauf folgenden Unfall grob fahrlässig verursacht.

In der vorstehend zitierten Entscheidung des OLG Oldenburg hat der Senat deutlich gemacht, dass der geltend gemachte Verdienstausfallschaden nicht allein wegen der vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ersatzfähig ist. Denn ein Arbeitgeber schuldet eine Lohnfortzahlung nach § 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) nur bei objektiver Arbeitsunfähigkeit und nicht allein aufgrund einer ärztlichen Krankschreibung. Maßgebend ist die vom Arzt nach objektiven medizinischen Kriterien vorzunehmende Bewertung. Somit hat auch ein Arbeitnehmer, der beispielsweise aufgrund einer falschen Diagnose des Arztes irrtümlich annimmt, er sei arbeitsunfähig krank, keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Das LAG Köln hat in der vorstehend zitierten Entscheidung deutlich gemacht, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein kann, wenn ein Arbeitnehmer im Bewusstsein, in Wirklichkeit nicht arbeitsunfähig zu sein, unter Vortäuschung einer Erkrankung der Arbeit fernbleibt. Auch die Ankündigung einer Erkrankung durch den Arbeitnehmer, etwa nachdem Arbeitsbefreiung oder Urlaub verweigert worden ist, kann selbst dann, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich für arbeitsunfähig befunden wird, eine außerordentliche Kündigung nach den Grundsätzen der Verdachtskündigung rechtfertigen.

Das Bundesarbeitsgericht macht in der Entscheidung vom 21.02.2001 deutlich, dass auch im Kleinbetrieb, der grundsätzlich den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes nicht unterfällt, eine gewisse Abwägung erforderlich ist und ein Vergleich der Sozialdaten des gekündigten Arbeitnehmers mit dem weiterbeschäftigter Arbeitnehmer erforderlich ist. Das BAG macht allerdings auch deutlich, dass der unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers im Kleinbetrieb bei dieser Abwägung ein erhebliches Gewicht zukommt.


Die vorgenannten Entscheidungen aus unserem Rechtsprechung-Report sind rechtskräftig.

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